Zu Ende eines Schuljahres können Erziehungsberechtigte unerfreuliche Post erhalten: Eine Entscheidung der Schule, dass die Schülerin oder der Schüler zum Aufsteigen in die nächste Schulstufe nicht berechtigt ist oder die letzte Klasse der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen hat. Gegen eine solche Entscheidung zum „Sitzenbleiben“ kann Widerspruch binnen fünf Tagen erhoben werden. Wie ein solches Widerspruchsverfahren vor der Bildungsdirektion verläuft und welche Fallstricke und Möglichkeiten bestehen, erfahren Sie in diesem Blogbeitrag.

Entscheidung der Schule

Das Schulunterrichtsgesetz (SchUG) bestimmt, dass in diversen Fällen die Schule einen als „Entscheidung“ bezeichneten Rechtsakt zu setzen hat. Dies betrifft etwa Fragen der Aufnahme in die Schule oder zu Prüfungen, disziplinäre Maßnahmen, wie das Versetzen in eine Parallelklasse, oder eben auch das Aufsteigen in die nächste Schulstufe (vor und nach dem Ablegen von Wiederholungsprüfungen) und das erfolgreiche Abschließen der letzten Klasse der besuchten Schulart.

Damit geht es um solche Themen, bei denen die Schülerin oder der Schüler durch einen wesentlichen Rechtsakt der Schule benachteiligt sein kann.

Widerspruch

Gegen die Entscheidung der Schule steht binnen fünf Tagen das Rechtsmittel des Widerspruchs zu. Wie diese Frist zu berechnen ist, erfahren Sie in diesem Blogbeitrag: FRISTEN IM SCHULRECHT.

Der Widerspruch ist schriftlich (in jeder technisch möglichen Form, nicht jedoch mit E-Mail) bei der Schule einzubringen. Das bedeutet, dass das Schreiben in Papierform mit Unterschrift per Post zu übermitteln oder persönlich zu übergeben ist. Sofern noch vorhanden, kann auch ein Fax geschickt werden. Die Einbringung des gescannten Schreibens per E-Mail ist rechtlich unwirksam; dies kann nur ergänzend gemacht werden, um allenfalls das Verfahren zu beschleunigen.

Inwieweit eine Einbringung über andere elektronische Mittel (zB SchoolFox, WhatsApp, Messangerdienste) rechtswirksam wäre, ist bislang nicht gerichtlich geklärt worden.

Wir empfehlen daher, Widersprüche immer postalisch per Einschreiben und ergänzend per E-Mail zu versenden.

Stellungnahme der Schule

Nach Erhalt des Widerspruchs hat die Schule Stellungnahmen jener Lehrer einzuholen, in deren Unterrichtsgegenständen ein „Nicht genügend“ vergeben wurde. In Fällen der Verweigerung der „Aufstiegsklausel“ (ein Nicht genügend samt negativer Leistungsprognose) werden auch Stellungnahmen der Lehrer jener Unterrichtsgegenstände eingeholt, die mit „Genügend“ beurteilt wurden. In ihren Stellungnahmen haben die Lehrer die Benotung zu begründen und nachzuweisen, etwa durch Vorlage von Schularbeiten, Tests und Klassenbucheinträgen. Meist erstattet auch die Schulleitung eine Stellungnahme.Diese ist für das weitere Verfahren aber nur von geringer Bedeutung.

Nachdem seitens der Schule sämtliche Unterlagen zusammengetragen worden sind, wird der Widerspruch samt Stellungnahmen an die zuständige Bildungsdirektion weitergeleitet.

Pädagogisches Gutachten der Bildungsdirektion

Bei der Bildungsdirektion ist üblicherweise die Rechtsabteilung für die Bearbeitung des Widerspruchs zuständig. Sie verfügt in einem nächsten Schritt die Einholung eines pädagogischen Amtsgutachtens, um die Richtigkeit der Stellungnahmen der Lehrer und deren Leistungsbeurteilungen zu überprüfen.

Im üblichen wird der für die Schule zuständige Schulqualitätsmanager (SQM) beauftragt, auf Basis des Vorbringens im Widerspruch und der von der Schule vorgelegten Unterlagen das Gutachten zu erstatten. Der SQM verfasst das Gutachten entweder selbst odersofern er keine ausreichende fachliche Kompetenz in denjeweiligen Unterrichtsgegenständen hat – er beauftragt einen anderen fachkundigen Sachverständigen (zB einen Lehrer) mit dem Verfassen des Gutachtens.

Nach Fertigstellung des pädagogischen Gutachtens stellt die Bildungsdirektion dieses an die Erziehungsberechtigten zu und fordert sie auf, binnen einer kurzen Frist (zB drei Tage) eine Stellungnahme abzugeben.

Sollte das Gutachten zu Ungunsten der Schülerin oder des Schülers ausgefallen sein, wird manchmal der Vermerk ergänzt, dass das Widerspruchsverfahren jederzeit zurückgezogen werden kann.

Bestreitung des Gutachtens

Das Gutachten des SQM ist häufig nachteilig für den Standpunkt der Schülerin oder des Schülers. Oft wird die von der Schule vorgenommene Leistungsbeurteilung unwidersprochen übernommen.

Ein negatives Gutachten bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass das Widerspruchsverfahren scheitern muss.

Bei einer Analyse des Gutachtens und dem Herausfiltern von Unstimmigkeiten oder rechtlichen Fehlschlüssen, sind schulrechtliche Kenntnisse gefragt. Sollten sich im Gutachten dann aber Schlüssigkeitsfehler oder rechtliche Fehler finden oder ein selbst eingeholtes pädagogisches Gegengutachten die inhaltliche Unrichtigkeit nachweisen, kann eine Stellungnahme durchaus erfolgreich sein.

Der Bildungsdirektion steht nach Erhalt der Stellungnahme anschließend die Möglichkeit offen, entweder ein Ergänzungsgutachten vom SQM einzuholen oder eine Entscheidung zu treffen.

Entscheidung der Bildungsdirektion

Drei Ausgänge eines Widerspruchsverfahrens vor der Bildungsdirektion sind möglich:

1. Die Bildungsdirektion gelangt aufgrund des positiven Gutachtens des SQM zu dem Schluss, dass die Leistungsbeurteilung der Schule falsch war. In diesem Fall wird die Benotung von der Bildungsdirektion abgeändert. Die Schülerin oder der Schüler erhält ein geändertes Zeugnis und darf in die nächste Schulstufe aufsteigen.

2. Die Bildungsdirektion kann aufgrund der vorliegenden Unterlagen (der Stellungnahmen und Gutachten des SQM) nicht abschließend feststellen, ob die Leistungsbeurteilung der Schule richtig oder falsch war. In diesem Fall ist das Verfahren zu unterbrechen und die Schülerin oder den Schüler zu einer kommissionellen Prüfung zuzulassen. Im Rahmen dieser Prüfung, welche unter dem Vorsitz der SQM stattzufinden hat, kann die negative Note ausgebessert werden. Bei Bestehen der Prüfung erhält die Schülerin oder der Schüler ein geändertes Zeugnis und darf in die nächste Schulstufe aufsteigen.

3. Die Bildungsdirektion gelangt aufgrund des negativen Gutachtens des SQM zu dem Schluss, dass die Leistungsbeurteilung der Schule korrekt war. In diesem Fall wird sie den Widerspruch mit Bescheid abweisen.

Gegen den abweisenden Bescheid kann innerhalb einer sehr kurzen Rechtsmittelfrist (je nach Zeitpunkt des Bescheides entweder fünf Tage oder zwei Wochen) Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) erhoben werden.

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KOMWID Partner Dr. Alexander Kompein berät Sie gerne zu diesem Thema.