Die neue Bauordnungsnovelle 2023 soll zum Entfall der Möglichkeit führen, Schwarzbauten baulich bewilligen zu lassen, wenn diese über 30 Jahre unbeanstandet bestanden hatten (bislang geregelt in § 71a BO für Wien).

Dazu möchten wir vorab festhalten, dass die (Bauordnungsnovelle 2023) (im Folgenden „Novelle“) zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Beitrages erst im Entwurf vorliegt und daher noch nicht abschließend feststeht, ob die Bestimmung tatsächlich entfallen soll. Die Begutachtungsfrist ist am 08.08.2023 zu Ende gegangen und es wurden – wie auf der Website der Stadt Wien ersichtlich – insbesondere zum hier thematisierten Entfall der Bestimmung gemäß § 71a BO für Wien auch zahlreiche Stellungnahmen eingebracht.

Da die Streichung dieser Bestimmung für viele alte Bauwerke dazu führen könnte, dass diese nur bei Vornahme massiver Umbauten bewilligt werden können, ergibt sich aber bereits jetzt und vor dem Inkrafttreten der Novelle, Anlass für diesen Beitrag. Nach Inkrafttreten der Novelle wird es voraussichtlich nur mehr eine kurze Übergangsfrist geben, um von der Bestimmung noch profitieren zu können.

Den weiteren – voraussichtlich auch sehr umfassenden – Inhalten der Novelle, werden wir nach Inkrafttreten der Novelle einen weiteren Beitrag widmen.

Worum es bei der Bestimmung des § 71a BO für Wien geht

In § 71a BO für Wien ist vorgesehen, dass die Baubehörde ein Bauwerk bis auf Widerruf (gemäß § 71 BO für Wien) bewilligen kann, wenn es in wesentlichen Teilen seit mehr als 30 Jahren an derselben Stelle ohne jede Baubewilligung bestanden hat und – vereinfacht gesagt – nach heute geltender Rechtslage nicht bewilligt werden könnte. Für eine solche Bewilligung sind dann unter Bezugnahme auf diese Bestimmung gemäß § 71a BO für Wien vollständige Bestandspläne und die Zustimmung der Grundeigentümer vorzulegen.

Die Bestimmung ist sozusagen eine bewilligungstechnische „Notlösung“ für alte (also zumindest 30 Jahre alte) Bauwerke, die – aus welchen Gründen auch immer – ursprünglich nicht bewilligt wurden und auch nun nicht mehr bewilligt werden können.

Einschränkungen nachträglicher Bewilligungen von Schwarzbauten

Aufgrund der etwas unklaren Formulierung der Bestimmung ist ihr Anwendungsbereich insbesondere zur Frage, was ein Bauwerk ist, auslegungsbedüftig. So lässt sie offen, ob von ihr nur (ganze) Bauwerke erfasst sein sollen, für die es gar keine Bewilligung gibt, oder ob sie auch für Bauwerke angewendet werden kann, die in Teilen bewilligt wurden und bei denen später und ohne dahingehende Bewilligung Zu- und/oder Aufbauten erfolgten. Meines Erachtens wird man hier aber mit Verweis auf § 129 Abs 10 BO für Wien davon ausgehen können, dass auch solche einzelnen Bauwerksteile bewilligt werden können, um einen bereits bewilligten Bestand sozusagen komplettieren zu können.

Gründe für den Entfall

Zum geplanten Entfall der Bestimmung wird in den erläuternden Bemerkungen zur Novelle festgehalten, dass die seit Inkrafttreten der Novelle LGBl. für Wien Nr. 46/1998 verstrichene Zeit den Eigentümern der von § 71a erfassten Bauwerke hinreichend Gelegenheit zu deren Bewilligung eingeräumt haben müsse, weshalb auch das Auftreten unbilliger Härtefälle nicht mehr zu erwarten sei. Dazu ist aber wohl festzuhalten, dass vielen Menschen gar nicht bekannt ist, dass ihre Gebäude (oder eben Teile davon), baurechtlich gar nicht bewilligt sind. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn ein Bauwerk über mehrere Generationen weitergegeben wurde.

Einschränkungen nachträglicher Bewilligungen von Schwarzbauten

Auch verfassungsgesetzlich war die Bestimmung wiederholt der Kritik ausgesetzt. Hintergrund dabei war, dass eine Ungleichbehandlung darin gesehen wurde, dass Fehlverhalten und die ursprüngliche Nichteinholung der Bewilligung nach langer Zeit  letztlich belohnt werden würden. Dies würde letztlich zum selben Ergebnis führen, wie das Verhalten rechtstreuer Bürger, die nur mit Mühe und Kosten zu einer Bewilligung gelangt waren.

Mögliche Folgen

Falls die Bewilligungsmöglichkeit für alten Bestand tatsächlich – und wie derzeit geplant, vollumfänglich – gestrichen werden sollte, würde dies den Verlust der Möglichkeit bedeuten, alte konsenslose Bauwerke ohne gröbere Umbauarbeiten bewilligen zu lassen. Gerade für ältere Bauwerke kann es aber mit sehr hohem Aufwand verbunden sein, diese auf einen nach heutiger Rechtslage zulässigen Standard umzurüsten. Allenfalls kann dann sogar ein Abbruch die kostengünstigere Variante sein. Bei Zweifeln über den baurechtlichen Bestand von Bauwerken, empfiehlt es sich daher nun rasch Klarheit herzustellen und gegebenenfalls noch rechtzeitig (vor einem Außerkrafttreten der Bestimmung) ein Bewilligungsverfahren einzuleiten.

Die einzelnen Beiträge haben nicht den Anspruch, eine abschließende Darstellung der jeweiligen Themengebiete abzubilden, vielmehr sollen sie einen groben Überblick verschaffen und der generellen Auskunft dienen; sie stellen jedoch keinen Ersatz für rechtliche Auskunft oder Rechtsberatung im Einzelfall dar. Im Hinblick auf die Informationen auf dieser Website kann daher keine Haftung für unmittelbare, mittelbare Schäden und Folgeschäden jeglicher Art und aus welchem Rechtsgrund auch immer übernommen werden. Die gegenständliche Zusammenfassung kann daher nur eine Übersicht bieten. Für die Beurteilung des jeweiligen Einzelfalls ist die Einholung von Rechtsberatung unumgänglich.

Unser Experte für Baurecht, Mag. Clemens Gabriel, LL.M., berät Sie gerne bei einem Erstgespräch.