Es ist ein häufiges Problem, das Wohnungseigentümern und Käufern von Wohnungseigentumsobjekten in Wien kaum bekannt ist. Wenn ein Wohnungseigentümer bauliche Veränderungen – mögen diese auch „primär“ seine Wohnung betreffen – ohne die erforderliche baurechtliche Bewilligung vornimmt, können sämtliche anderen Wohnungseigentümer von der Baubehörde zum Rückbau der jeweiligen Baulichkeit verpflichtet werden und verwaltungsstrafrechtlich belangt werden, wenn die bauliche Maßnahme auch allgemeine Teile der Liegenschaft betroffen hat.
Ausgangslage und Verantwortung für allgemeine Teile des Hauses
Wohnungseigentümer erachten die Frage der Genehmigungspflicht von Umbaumaßnahmen in anderen Wohnungseigentumsobjekten zumeist als eine Angelegenheit, von der sie selbst nicht betroffen sind/sein können. Dies ist aber dann nicht der Fall, wenn eine bauliche Maßnahme auch allgemeine Teile der Liegenschaft betrifft. Eine genehmigungspflichtige Umbaumaßnahme kann grundsätzlich in sehr vielen Fällen vorliegen; im Einzelnen sind diese in § 60 der Wiener Bauordnung genannt. Als Beispiel für eine Maßnahme, die auch allgemeine Teile betrifft, ist etwa zu nennen, dass durch einen Wohnungseigentümer ein neues Fenster geschaffen wird (zumal dadurch die Außenhaut des Gebäudes verändert wird) oder dass ein Eigentümer im Dachgeschoß Veränderungen am Dach vornimmt.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Behebung von Abweichungen von Bauvorschriften nach § 129 Abs. 10 der Wiener Bauordnung derjenige Eigentümer verantwortlich, der im angelasteten Tatzeitraum Eigentümer bzw. Miteigentümer der Liegenschaft und der darauf befindlichen baulichen Anlagen war, und zwar unabhängig davon wer die Herstellung der Abweichung vorgenommen hat. Im Falle von Wohnungseigentum trifft die Pflicht zur Beseitigung einer Abweichung von den Bauvorschriften alle Wohnungseigentümer, soweit diese Abweichung gemäß § 2 Abs. 4 WEG 2002 allgemeine Teile der Liegenschaft betrifft, die der allgemeinen Benützung dienen oder deren Zweckbestimmung einer ausschließlichen Benützung entgegenstehen. Allgemeine Teile eines Hauses sind jedenfalls all jene, welche sich außerhalb eines Bestandsobjektes befinden. Dazu zählt etwa die Außenfläche bzw. die Außenhaut des Gebäudes.
Die Baubehörde kann daher in solchen Fällen sämtliche Wohnungseigentümer gemäß § 129 Abs 10 der Wiener Bauordnung zur Behebung des jeweiligen „Baugebrechens“ auffordern. Für jene Eigentümer, die die bauliche Maßnahme nicht umgesetzt haben, bleibt dann die Möglichkeit, zu versuchen, sich an jener Person schadlos zu halten, die gebaut hat. Dies kann in vielen Fällen mit Mühe und Kosten verbunden sein.
Mögliche Verwaltungsstrafe für sämtliche Eigentümer
Neben dem gerade genannten Auftrag zur Behebung, kann die Baubehörde aber gemäß § 135 Abs 1 der Wiener Bauordnung auch eine Verwaltungsstrafe gegenüber sämtlichen Wohnungseigentümern erlassen, wenn die Abweichungen von den Bauvorschriften nicht behoben werden. Dabei ist natürlich zu berücksichtigen, dass – wie im gerade genannten Beispiel des Einbaus eines Fensters – eine unmittelbare Behebung bereits rein faktisch gar nicht möglich ist. Die Rechtsprechung verlangt in solchen Fällen eine beträchtliche Anspannung der Kräfte und gegebenenfalls die Beschreitung des Rechtswegs; dies gerade in baurechtlichen Sachverhalten. Daraus ergibt sich, dass es notwendig sein kann, den bauführenden Wohnungseigentümer auf zivilrechtlichem Weg zu belangen und – etwa durch eine Eigentumsfreiheitsklage – den Rückbau einzufordern, um die Verwaltungsstrafe durch die Baubehörde abwenden zu können.
Auch wenn der Strafrahmen in solchen Fällen häufig nicht ausgeschöpft werden wird, kann sich dieser gemäß § 135 Abs 1 der Wiener Bauordnung grundsätzlich auf bis zu EUR 50.000,– belaufen. Es ist daher dringend zu empfehlen, offensichtliche Baumängel am Gebäude, die durch andere Wohnungseigentümer an allgemeinen Teilen der Liegenschaft verursacht wurden, nicht zu tolerieren und rasch rechtliche Schritte einzuleiten.
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