Vor etwas mehr als einem Jahr trat die Bauordnungsnovelle 2023 (LG-384606-2023) zur Wiener Bauordnung in Kraft. Zu den Auswirkungen auf die Zulässigkeit von Kurzzeitvermietungen, haben wir in einem vergangenen Beitrag umfassend berichtet.
Vermietungen über Airbnb nach der Wiener Bauordnungsnovelle 2023
Ausnahmebewilligungen zur unbegrenzten Kurzzeitvermietung
Eine entscheidende Neuerung für Kurzzeitvermietungen bestand insbesondere darin, dass diese außerhalb von Wohnzonen (in einem 90 Tage pro Kalenderjahr übersteigendem Ausmaß) nur mehr mit entsprechender Ausnahmebewilligung der Baubehörde (MA 37) zulässig sein sollten. Für eine solche Ausnahmebewilligung wurden in § 129 Abs 1a der Wiener Bauordnung mehrere Anforderungen festgelegt, welche gleichzeitig erfüllt sein müssen, damit eine Bewilligung für einen Zeitraum von bis zu 5 Jahren von der Baubehörde erteilt werden kann.
Seit dieser Schaffung des „Kurzzeitvermietungsverbotes“ außerhalb von Wohnzonen und der Möglichkeit von behördlichen Ausnahmebewilligungen, hat sich gezeigt, dass die neue Regelung mit zahlreichen praktischen Hürden verbunden ist. Dies insbesondere in Gebäuden, in denen Wohnungseigentum begründet ist:
Wohnungseigentumsrechtliche Hürden
Ausnahmebewilligungen gemäß § 129 Abs 1a der Wiener Bauordnung sind unter anderem nur dann möglich, wenn nach der (jeweiligen) Bewilligung die Mehrzahl der Wohnungen im betreffenden Gebäude weiterhin zu Wohnzwecken im Sinne des § 119 Abs. 2 und 2a der Wiener Bauordnung genutzt wird. Weiters ist es erforderlich, dass sämtliche MiteigentümerInnen des jeweiligen Gebäudes dem Antrag zustimmen.
Daraus ergibt sich, dass in den seltensten Fällen überhaupt ein Antrag gestellt werden kann, wenn im Wohnungseigentumsvertrag keine entsprechende Vorsorge getroffen wurde (was mangels Vorhersehbarkeit der neuen Rechtslage kaum erfolgt sein wird). Wird nämlich eine Ausnahme für eine Wohnung bewilligt (nach der gesetzlichen Bestimmung für bis zu 5 Jahre), so verkleinert sich der „Pool“ jener Wohnungen, für die weitere Bewilligungen überhaupt beantragt werden können, zumal die Mehrzahl der Wohnungen im Gebäude weiterhin für Wohnzwecke genutzt werden muss (und ein entsprechender Antrag an die Baubehörde nach Erreichen des „Schwellenwertes“ wohl abgewiesen werden würde).
Mögliche Lösungen
Um derartigen Konflikten vorzubeugen, ist es, dort wo es im Hinblick auf die Interessenlagen noch möglich ist, entscheidend, klare Regelungen in den Wohnungseigentumsverträgen zu schaffen. Wichtig ist dabei aber, dass die bloß pauschal vereinbarte Zulässigkeit von Kurzzeitvermietungen in Wohnungseigentumsverträgen, die individuellen Zustimmungen der einzelnen Wohnungseigentümer für den Antrag nicht ersetzen kann. Die Zustimmung muss sich explizit auf die vom Antrag erfassten Wohnung/en beziehen; so ist es im aktuellen Merkblatt der Baubehörde festgelegt.
Vor diesem Hintergrund ist natürlich fraglich, wie vorzugehen ist, wenn bereits vor der Bauordnungsnovelle 2023 die (bloß) grundsätzliche Zulässigkeit von Kurzzeitvermietungen im Wohnungseigentumsvertrag vereinbart wurde (ohne aber bestimmte Wohnungen festzulegen) und Wohnungseigentümer für ihren Antrag die Zustimmung von anderen Wohnungseigentümern benötigen und diese ihre Zustimmung nicht erteilen möchten.
Aus unserer Sicht spricht in solchen Fällen vieles dafür, dass die Zustimmung der sich weigernden WohnungseigentümerInnen gemäß § 16 Abs 3 WEG 2002 iVm § 52 Abs 1 Z 2 WEG 2002 durch das zuständige Bezirksgericht ersetzt werden können müsste (Antrag auf Ersetzung der Zustimmung), so lange die weiteren Voraussetzungen für eine Ausnahmebewilligung gewahrt sind. Letztlich haben diese ihre grundsätzliche Zustimmung im Wohnungseigentumsvertrag erteilt und kann sich aus der neuen gesetzlichen Regelung wohl nicht ergeben, dass die Zustimmung damit völlig bedeutungslos geworden ist.
Zusammenfassend bergen die neuen Regelungen zu Kurzzeitvermietungen der Bauordnungsnovelle 2023 reichlich „Sprengstoff“ unter Wohnungseigentümern, zumal mit der Möglichkeit der Kurzzeitvermietung (einer Ausnahmebewilligung für ein Wohnungseigentumsobjekt) auch wirtschaftliche Implikationen verbunden sind und die mögliche Anzahl an Ausnahmebewilligungen beschränkt ist. Viele Fragen werden dazu wohl noch von Gerichten zu klären sein.
Die einzelnen Beiträge haben nicht den Anspruch, eine abschließende Darstellung der jeweiligen Themengebiete abzubilden, vielmehr sollen sie einen groben Überblick verschaffen und der generellen Auskunft dienen; sie stellen jedoch keinen Ersatz für rechtliche Auskunft oder Rechtsberatung im Einzelfall dar. Im Hinblick auf die Informationen auf dieser Website kann daher keine Haftung für unmittelbare, mittelbare Schäden und Folgeschäden jeglicher Art und aus welchem Rechtsgrund auch immer übernommen werden. Die gegenständliche Zusammenfassung kann daher nur eine Übersicht bieten. Für die Beurteilung des jeweiligen Einzelfalls ist die Einholung von Rechtsberatung unumgänglich.
Unser Experte für Baurecht, Mag. Clemens Gabriel, LL.M., berät Sie gerne bei einem Erstgespräch.