Was sind Raumordnungsverträge?

Gesetzliche Regelungen, die Gemeinden ermöglichen, Raumordnungsverträge mit Grundstückseigentümern abzuschließen, existieren in allen österreichischen Bundesländern. Diese Verträge können auch mit anderen Berechtigten an einer Liegenschaft abgeschlossen werden.

Ein Raumordnungsvertrag ist ein Planungsinstrument der Raumordnung. Er wird im Zusammenhang mit Umwidmungen von Liegenschaften genutzt, um Beiträge der Grundstückseigentümer zu Infrastrukturmaßnahmen, zur Erreichung von Planungszielen oder zur Umsetzung anderer Maßnahmen im Gemeinde- oder Projektentwicklungsgebiet festzulegen.

Vor der letzten Novelle des Bundes-Verfassungsgesetzes war es laut der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs unzulässig, das Zustandekommen einer Widmung von einem zivilrechtlichen Vertrag abhängig zu machen. Dies hat sich jedoch geändert. Art 15 Abs 5 des Bundes-Verfassungsgesetzes erlaubt es nun, dass die Bundesländer im Bereich der örtlichen Raumplanung das Zustandekommen eines zivilrechtlichen Vertrages als Voraussetzung für hoheitliches Handeln festlegen können.

In einem früheren Beitrag wurde bereits der Raumordnungsvertrag (auch als „Städtebaulicher Vertrag“ bezeichnet) im Kontext von § 1a der Wiener Bauordnung behandelt. Dort wurden auch die erforderlichen Inhalte dieses Vertrages vorgestellt.

Dieser Beitrag konzentriert sich auf den Ausbau erneuerbarer Energien. Es geht speziell um Raumordnungsverträge im Zusammenhang mit der Errichtung von Photovoltaik- und Windkraftanlagen sowie den Widmungsarten „Grünland-Photovoltaikanlage“ und „Grünland-Windkraftanlage“ im Land Niederösterreich.

Gesetzlicher Rahmen in Niederösterreich 

Bestimmungen zu Raumordnungsverträgen im NÖ Raumordnungsgesetz 2014

Zunächst ist festzuhalten, dass der Ausbau und die Gewinnung erneuerbarer Energie in § 1 Abs 2 Z 1 lit. b) NÖ ROG 2014 als generelles Leitziel der Raumordnung festgelegt sind. Zudem wird in § 1 Abs 2 Z 3 lit. b) NÖ ROG 2014 der verstärkte Einsatz von Alternativenergien als besonderes Leitziel formuliert.

Die gesetzliche Grundlage für den Abschluss von Raumordnungsverträgen ist in § 17 des NÖ ROG 2014 zu finden. Laut § 17 Abs 3 und 4 NÖ ROG 2014 dürfen Gemeinden in Niederösterreich im Zusammenhang mit der Erstwidmung von Bauland oder der Änderung der Widmungsart von Bauland, Verträge mit Grundeigentümern abschließen. Diese Verpflichtung gilt auch für deren Rechtsnachfolger. Nach § 17 Abs 4 NÖ ROG 2014 können solche Verträge auch bei der Änderung der Widmungsart von Grünland abgeschlossen werden. Ein Beispiel hierfür ist die Umwidmung von Grünland in „Grünland-Photovoltaikanlage“ oder „Grünland-Windkraftanlage“.

Gemäß § 17 Abs 5 NÖ ROG 2014 darf die Gemeinde Raumordnungsverträge abschließen, wenn es um die Festlegung von Widmungsarten geht, die die Errichtung, Fortleitung oder Speicherung von Energie ermöglichen (also die Errichtung entsprechender Anlagen ermöglichen sollen). Dazu zählen auch Freiflächen-Photovoltaikanlagen. In diesen Verträgen können auch Anlagenbetreiber als Vertragspartner auftreten. Das ist insofern sinnvoll, da Grundstückseigentümer meist nicht über das notwendige Wissen oder die Mittel verfügen, solche Anlagen zu errichten und zu betreiben.

Sektorale Raumordnungsprogramme als wichtige Grundlagen

Eine wichtige Grundlage für die Errichtung von Photovoltaikanlagen auf Freiflächen ist das Sektorale Raumordnungsprogramm für Freiflächen-Photovoltaikanlagen. Laut § 2 Abs 1 dieses Programms ist die Widmungsart „Grünland-Photovoltaikanlage“ nur auf Flächen von mehr als 2 ha zulässig, die in den entsprechenden Anlagen des Programms ausgewiesen sind. Das Programm enthält zudem Bestimmungen zu ökologischen Maßnahmen bei der Errichtung solcher Anlagen.

Für Windkraftanlagen gibt es ähnliche Vorgaben im „Sektoralen Raumordnungsprogramm über die Windkraftnutzung in Niederösterreich“.

Mögliche Vertragsinhalte

Die Inhalte der Raumordnungsverträge sind gesetzlich weit gefasst. In der Praxis gibt es jedoch wenig Judikatur zu zulässigen Inhalten. So nennt § 17 Abs 3 Z 3 NÖ ROG 2014 Infrastrukturmaßnahmen, die im Zusammenhang mit der Widmung innerhalb eines Planungszeitraums von zehn Jahren voraussichtlich erforderlich sind. Hierzu zählen auch Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels. Ein Beispiel wäre wohl die Umstellung auf LED-Beleuchtung in der Gemeinde oder andere Energiesparmaßnahmen. Häufig wird auch die kostengünstige Energieversorgung für die Gemeindebürger thematisiert. Es ist jedoch davon auszugehen, dass in den Verträgen auch viele andere Leistungspflichten festgelegt werden können, insbesondere im Zusammenhang mit den Folgen des Klimawandels.

Ein weiterer Vertragsinhalt, der sich aus § 17 Abs 5 NÖ ROG 2014 ableitet, ist die Sicherstellung der Errichtung und des Betriebs der jeweiligen Anlagen. Für die beteiligten Gemeinden ist es natürlich entscheidend, dass die Anlagen innerhalb eines festgelegten Zeitraums nach Vertragsabschluss errichtet und dauerhaft betrieben werden damit es nicht zur bloßen Hortung von Flächen kommt. Auch ökologische Konzepte für die Flächen können in den Verträgen festgelegt werden.

Zum Ablauf des Widmungsverfahrens

Nach den Verhandlungen der Vertragsinhalte wird der Vertrag zumeist vorab durch die Grundeigentümer und durch die Anlagenbetreiber unterzeichnet. Die Gegenzeichnung durch die Gemeinde kann nach entsprechender Beschlussfassung im Gemeinderat erfolgen. Auch die Widmung, da es sich um eine Verordnung handelt, muss im Gemeinderat beschlossen und durch die Landesregierung genehmigt werden (§ 24 Abs 11 NÖ ROG 2014).

Die dargestellten Informationen bieten einen Überblick, ersetzen jedoch keine rechtliche Beratung im Einzelfall. Für Schäden jeglicher Art, die aus der Nutzung dieser Informationen entstehen könnten, wird keine Haftung übernommen.

Haben Sie Fragen zu Raumordnungsverträgen oder benötigen rechtliche Beratung?
Unser Experte für Bau- und Raumordnungsrecht, Mag. Clemens Gabriel, LL.M., berät Sie gerne bei einem Erstgespräch.