Die KOMWID Kompein Widmann Rechtsanwälte OG beschäftigt sich im Rahmen einer neuen Blogartikel-Serie mit ausgewählten Fragen der Umsetzung und Errichtung von Dachgeschoßausbauten (vom Ankauf über die baurechtliche Fragestellungen) in Wien, wobei besonderes Augenmerk auf Ausbauvorhaben in Mehrparteienhäusern gelegt wird. Weiters sollen in der Folge auch Fragen im Zusammenhang mit Baumängeln behandelt werden.

Die einzelnen Beiträge haben nicht den Anspruch, eine abschließende Darstellung der jeweiligen Themengebiete abzubilden, vielmehr sollen sie einen groben Überblick verschaffen und der generellen Auskunft dienen; sie stellen jedoch keinen Ersatz für rechtliche Auskunft oder Rechtsberatung im Einzelfall dar. Im Hinblick auf die Informationen auf dieser Website kann daher keine Haftung für unmittelbare, mittelbare Schäden und Folgeschäden jeglicher Art und aus welchem Rechtsgrund auch immer übernommen werden.

In einem ersten Schritt werden in diesem ersten Beitrag die relativ komplexen Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Eigentumserwerb von Dachgeschoßen/Rohdachböden erörtert. Diese Frage ist insofern von herausragender Bedeutung, als daraus abzuleiten ist, welche zivilrechtlichen Hindernisse dem Ausbau eines Rohdachbodens entgegenstehen könnten (etwa Zustimmungserfordernisse von Miteigentümern).

Zu differenzieren ist hier insbesondere danach, ob an einer Liegenschaft bereits Wohnungseigentum begründet ist, also eine Parifizierung erfolgt ist und, sofern Wohnungseigentum bereits begründet wurde, ob an dem jeweiligen Rohdachboden selbst bereits Wohnungseigentum (gegebenenfalls auch Zubehör-Wohnungseigentum) begründet wurde, oder ob dieser als allgemeiner Teil des Hauses allen Wohnungseigentümern zuzuordnen ist.

Schlichtes Mieteigentum

Soweit an einer Liegenschaft noch kein Wohnungseigentum begründet ist und diese nicht im Alleineigentum einer Person steht, steht sie im sogenannten ideellen Miteigentum mehrerer Personen gemäß § 825 ABGB. Dies bedeutet grundsätzlich, dass das Recht an der Liegenschaft sämtlichen Miteigentümern gemeinsam zukommt – alle Miteigentümer sind zwar berechtigt, ihr gemeinschaftliches Gut zu nutzen, allerdings können andere Miteigentümer bei übermäßigem Gebrauch durch einen anderen Miteigentümer Widerspruch erheben.

Um Klarheit über die Berechtigungen der einzelnen Miteigentümer zu schaffen, werden häufig vertragliche Benützungsvereinbarungen abgeschlossen. In einer solchen Vereinbarung – die zur Wahrung von Rechtssicherheit in das Grundbuch eingetragen werden kann – kann geregelt werden, dass ein bestimmter Teil der Liegenschaft einem Miteigentümer zur alleinigen Nutzung zugewiesen ist; auf diesem Weg kann auch ein Rohdachboden einer Person zur Nutzung zugewiesen werden. Nach der Judikatur des OGH sind aber Substanzveränderungen ohne Einstimmigkeit der Miteigentümer unzulässig, wenn sie einen zur ausschließlichen Benutzung durch einen Teilhaber zugewiesenen Teil eines Gemeinschaftsgutes betreffen, sofern dadurch in die Rechtssphäre der übrigen eingegriffen wird und wichtige Interessen berührt werden; ein etwaiges einem Benützungsberechtigten zukommendes Verfügungsrecht über einen Rohdachboden deckt daher einen Dachausbau nicht ab; demnach ist weiterhin die Zustimmung der anderen Miteigentümer erforderlich (OGH 5 Ob 174/02b).

Im Hinblick darauf, wie nun vorzugehen ist, wenn eine Liegenschaft im ideellen Miteigentum mehrerer Personen steht und die Absicht eines oder mehrerer Miteigentümer besteht, das Dachgeschoß auszubauen, sind insbesondere die Bestimmungen in den §§ 833 ff zu berücksichtigen, wo die (gemeinsamen) Verwaltungshandlungen geregelt sind. Der Ausbau des Dachgeschoßes ist dabei als Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung gemäß § 834 ABGB zu qualifizieren, unter denen grundsätzlich bauliche Maßnahmen zu verstehen sind, die über einen bloßen Erhaltungszweck hinausgehen. Für die Durchführung von Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung ist ein einstimmiger Beschluss sämtlicher Miteigentümer erforderlich. Sofern aber ein Mehrheitsbeschluss vorliegt, besteht die Möglichkeit, eine Genehmigung durch das Außerstreitgericht einzuholen. Im Rahmen der Beurteilung einer Genehmigung durch das Außerstreitgericht, prüft dieses, ob eine Verwaltungshandlung für alle Miteigentümer vorteilhaft, nachteilig oder bedenklich ist. Nachteilig kann eine Maßnahme etwa dann sein, wenn durch den Ausbau des Dachgeschoßes die Wohnqualität eines anderen Miteigentümers beeinträchtigt werden kann (OGH 6 Ob 83/06h).

Zusammenfassend lässt sich daher sagen, dass – auch bei Vorliegen einer Benützungsregelung und der verfügungsrechtlichen Zuordnung des Rohdachbodens zu einem Miteigentümer – eine Zustimmung zum Ausbau durch sämtliche Miteigentümer vorliegen muss. Stimmt bloß die Mehrheit dem Ausbau zu, so kann die Zustimmung der Minderheit durch das Außerstreitgericht „ersetzt“ werden. Dieses kann die Genehmigung aber etwa dann versagen, wenn ein Miteigentümer durch den beabsichtigten Ausbau unmittelbar beeinträchtigt wäre.

Wohnungseigentum am Dachgeschoß

Wohnungseigentum ist eine besondere Form des Miteigentums an einer Liegenschaft, bei dem jeder Eigentümer zwar Miteigentümer an der gesamten Liegenschaft ist, dessen ungeachtet aber dazu berechtigt ist, das ihm zugewiesene Wohnungseigentumsobjekt ausschließlich und ohne Mitspracherecht der anderen Wohnungseigentümer zu nutzen. Sofern im Hinblick auf eine Liegenschaft Wohnungseigentum bereits begründet wurde, ist für die Frage der Zuordnung eines Rohdachbodens zwischen drei verschiedenen Fallvarianten zu differenzieren:

Der Rohdachboden als selbständiges Wohnungseigentumsobjekt

Gemäß § 2 Abs 2 WEG kann Wohnungseigentum an Wohnungen, sonstigen selbständigen Räumlichkeiten und Abstellplätzen für Kraftfahrzeuge begründet werden. Eine sonstige selbständige Räumlichkeit ist dabei ein baulich abgeschlossener, nach der Verkehrsauffassung selbständiger Teil eines Gebäudes, dem nach seiner Art und Größe eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zukommt. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen wird bei der Begründung von Wohnungseigentum durch das Grundbuchsgericht geprüft. Sofern beabsichtigt ist, einen Rohdachboden zur Umsetzung von Wohnzwecken auszubauen, wird eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung vorliegen und eine Eintragung als „separates“ Wohnungseigentumsobjekt im Regelfall möglich sein.

Der Rohdachboden als Zubehör-Wohnungseigentum

 Gemäß § 2 Abs 3 ist Zubehör-Wohnungseigentum das mit dem Wohnungseigentum verbundene Recht, andere, mit dem Wohnungseigentumsobjekt baulich nicht verbundene Teile der Liegenschaft, wie etwa Keller- oder Dachbodenräume, Hausgärten oder Lagerplätze, ausschließlich zu nutzen. Auch wenn Dachbodenräume in dieser Bestimmung explizit genannt werden, müssen Rohdachböden nicht immer Zubehör-Wohnungseigentumsobjekte sein (siehe dazu bereits die Ausführungen zum selbständigen Wohnungseigentumsobjekt). Beim Zubehör-Wohnungseigentum ist das Zubehör-Wohnungseigentumsobjekt einem selbständigen Wohnungseigentumsobjekt dauerhaft zugeordnet. Die Zubehör-Eigenschaft ergibt sich dabei aus der Nutzwertfestsetzung und gegebenenfalls dem Wohnungseigentumsvertrag, wobei diese Eigenschaft grundsätzlich durch jahrelange Übung konkludent abgeändert werden kann (RS0114928). Die Zubehör-Wohnungseigentumsobjekte können zwischen den Wohnungseigentümern übertragen werden, wobei eine Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer nicht erforderlich ist.

Allgemeiner Teil der Liegenschaft

Gemäß § 2 Abs 4 WEG sind allgemeine Teile einer Liegenschaft solche, die der allgemeinen Benützung dienen oder deren Zweckbestimmung einer ausschließlichen Benützung entgegensteht. Neben den zuvor genannten Varianten des selbständigen Wohnungseigentumsobjektes und des Zubehör-Wohnungseigentums besteht auch die Möglichkeit, dass ein Rohdachboden im Wohnungseigentumsvertrag als allgemeiner Teil der Liegenschaft „gewidmet“ wird und sohin dessen Nutzung allen Wohnungseigentümern gemeinsam zukommt. Im Hinblick auf solche allgemeinen Teile einer Liegenschaft kommt es häufig vor, dass durch einen Eigentümer im Zusammenhang mit der Begründung von Wohnungseigentum ein Nutzungsvorbehalt am Dachboden insofern vorgesehen wird, als andere Wohnungseigentumserwerber im Zuge des Erwerbs ihrer Wohnung Benützungsvereinbarungen unterfertigen sollen, wonach einem Eigentümer das ausschließliche Benützungsrecht am Rohdachboden zukommen soll. Derartige Vereinbarungen sind nach der Judikatur des OGH unwirksam, zumal sie geeignet sind, die dem Wohnungseigentumsbewerber oder Wohnungseigentümer zustehenden Nutzungs- oder Verfügungsrechte im Hinblick auf die Liegenschaft aufzuheben oder unbillig zu beschränken (OGH 5 Ob 58/19v).

Zustimmungserfordernis der anderen Wohnungseigentümer?

Soweit der Rohdachboden ein selbständiges Wohnungseigentumsobjekt oder ein Zubehör-Wohnungseigentumsobjekt darstellt, kommt § 16 WEG zur Anwendung. Dort sind verschiedene Kriterien vorgesehen, die erfüllt sein müssen, damit eine Maßnahme ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer durchgeführt werden kann. Dies betrifft insbesondere auch die Frage, ob eine Maßnahme verkehrsüblich ist oder nicht. Dahingehend hat der OGH festgehalten, dass ein Dachbodenausbau heute als weitgehend verkehrsüblich anzusehen ist, wobei die örtlichen Gegebenheiten oder eine besondere Art der Bauausführung gegen eine solche Annahme sprechen können. Im Regelfall betrachtet der OGH den Ausbau eines Rohdachbodens demnach aber als verkehrsüblich (OGH 5 Ob 248/00g), was zur Folge hat, dass eine Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer nicht eingeholt werden muss.

Zusammenfassend wird daher in den Fällen des selbständigen Wohnungseigentums und des Zubehör-Wohnungseigentums häufig eine Duldungspflicht der anderen Wohnungseigentümer bestehen; dies hat dann auch zur Folge dass sie gemäß § 16 Abs 2 Z 4 WEG etwa auch Bauansuchen an die Baubehörde mitunterfertigen müssen. Sollte aber ihre Zustimmung zum Ausbau erforderlich sein und keine Duldungspflicht bestehen, so kann ein bloßer Mehrheitsbeschluss der Miteigentümer eine fehlende Zustimmung nicht ersetzen.

Handelt es sich beim Rohdachboden aber um einen allgemeinen Teil der Liegenschaft, so kommt § 29 WEG Anwendung, welcher die Vorgehensweise im Hinblick auf Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung regelt. Dies hat zur Folge, dass die Mehrheit der Wohnungseigentümer über den Ausbau des Rohdachbodens entscheidet. Sofern es nicht zu einem einstimmigen Beschluss kommt, kann aber grundsätzlich jeder der Überstimmten mit einem gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richtenden Antrag die gerichtliche Aufhebung des Mehrheitsbeschlusses verlangen.

Wie dargelegt soll die gegenständliche Zusammenfassung nur eine Übersicht über die verschiedenen Fallkonstellationen bieten. Für die Beurteilung des jeweiligen Einzelfalls ist die Einholung von Rechtsberatung unumgänglich. Unser Experte für Dachgeschossausbauten, Mag. Clemens Gabriel, berät Sie gerne bei einem Erstgespräch.

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